Roland Koch fordert Rückbesinnung auf Marktwirtschaft

Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch hat eine Rückbesinnung auf die soziale und freie Marktwirtschaft in Deutschland und Wirtschaftsreformen nach dem Ende der Corona-Pandemie gefordert. Die Hoffnung, eine kleine Steuerreform, eine Abwrackprämie oder andere kurzfristige Impulse würden das Problem lösen, erscheine ihm falsch, schreibt der ehemalige CDU-Spitzenpolitiker in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Montagsausgabe). Vielmehr stehe eine grundlegende Frage an erster Stelle: „Glauben wir wie bei Gründung der Bundesrepublik an die `unsichtbaren`, aber wirksamen Kräfte der Marktwirtschaft? Wenn wir die selbst auferlegten Fesseln sprengen, hat ganz besonders Deutschland ausgezeichnete Optionen.“

Die Radikalität des Vermögenverzehrs durch die Auswirkungen der Pandemie verlange drastische Maßnahmen zur schnellen Entwicklung neuer wirtschaftlicher Stärke. Deutschland brauche eine zweite Welle beschleunigter Gesetzgebung zur Wiedergewinnung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Diese Gesetze müssten Freiheit schaffen, Verordnungen aufheben und Ermessensspielraum für Genehmigungen geben. Sie müssten Risiken wirtschaftlich attraktiv machen und Geld aus der ganzen Welt nach Deutschland ziehen. Es bedeute aber nicht, dass Datenschutz, Umweltschutz, Arbeitsschutz, soziale Sicherheit auf dem „Altar der Nach-Corona-Rettung geopfert“ werden müssten. „Je mehr Freiheit die Wirtschaft haben soll, umso klarer müssen Rahmen und Ziele definiert sein. Wirtschaft im 21. Jahrhundert ist kein Catch-as-catch-can“, schreibt Koch, der als Professor an der Frankfurt School of Finance and Management lehrt. Für die Veränderungen brauche es die Bereitschaft der Deutschen, das Geld von den Sparkonten zu holen, und die Bereitschaft der Welt, in Deutschland zu investieren. Konkret bedeute dies, dass Veräußerungserlöse aus neu gegründeten Firmen, die nicht lediglich alte Unternehmen umwandeln, für zehn Jahre steuerfrei gestellt würden. Verluste aus Venture-Capital-Investitionen könnten mit anderen Einkünften verrechnet werden. Auch nach Corona sei die ökologische Wende unverzichtbar. Deutschland müsse die Fesseln der bürokratischen Umweltpolitik sprengen und viel schneller werden. Der auf den Ausstoß von CO2 pro Tonne zu erhebende Preis müsse deutlich angehoben werden. Deutschland müsse die „die Sonderrolle als Angsthasen der Digitalisierung“ abstreifen. Alle deutschen Sonderregelungen bei der Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung müssten aufgehoben werden. Das Ziel der „Nutzung von Big Data zur gesamtstaatlichen Informationsgewinnung und zu Forschungszwecken“ müsse ausdrücklich in die Gesetze aufgenommen. Die Arbeit müsse aus den sturen Formen der Vergangenheit gerissen werden und zu modernen Lebensformen und modernen Produktions- und Servicebedingungen passen. Die Arbeitszeitvorschriften sollen nach Kochs Vorstellungen so liberalisiert werden, „dass Tarifpartner volles Vertrauen bekommen und die Rahmenbedingungen jenseits gesetzlicher Detailregelungen in voller Freiheit gestalten können“.

Foto: Container, über dts Nachrichtenagentur

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert