Sauberer Schnitt gesucht, Kommentar zum Atomausstieg von Andreas Heitker

Seit November berät in Berlin eine 19-köpfige Kommission darüber, wie der weitere Atomausstieg organisiert und finanziert werden soll. Es geht im Wesentlichen darum, wer entscheiden, haften und bezahlen soll. Die vier Atomkraftwerksbetreiber haben sich in dieser Frage von Anfang an klar positioniert und sich für die Gründung einer Stiftung starkgemacht. Die Stilllegung der Atommeiler, ihr Rückbau sowie die Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfälle sollte so aus einer Hand koordiniert werden.

Diese Idee konnte sich aber nicht durchsetzen, wie Jürgen Trittin, einer der drei Kommissionschefs, jetzt deutlich machte. Ist eine einvernehmliche Lösung zwischen Wirtschaft und Politik nun gescheitert? Beileibe nicht. Auf der Agenda steht ja immer noch eine Fonds-Lösung, bei der es auf allen Seiten ebenfalls noch genügend Spielraum für eine Konsenseinigung gibt.

Die endgültigen Entscheidungen sind noch nicht gefallen, aber es dürfte im Kern wohl darauf hinauslaufen, dass die Versorger die Verantwortung für Stilllegung und Abriss der Reaktoren sowie ihre hierzu gebildeten Rückstellungen behalten werden. Hiermit dürfte niemand große Probleme haben. Es gibt Erfahrungen mit dem Rückbau; die Kosten sind relativ präzise zu berechnen. Die Zwischen- und später die Endlagerung könnte ein öffentlich-rechtlicher Fonds übernehmen, der dann die andere Hälfte der Rückstellungen übernehmen würde.

Für die Unternehmen hätte eine solche Lösung Charme, sollte sie einen klaren Schnitt beinhalten – also kein Auseinanderfallen von Verantwortlichkeiten mehr und eine Begrenzung der Haftung. Oder anders gesagt: Die Atomkonzerne dürften nicht mehr für politische Kosten geradestehen müssen, die im weiteren Prozess des Atomausstiegs noch entstehen. Das Verursacherprinzip, von dem immer mit Blick auf die Konzerne gesprochen wird, würde dann auch für die Politik gelten. Und wer weiß, dass die Inbetriebnahme eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle noch 40 Jahre oder mehr dauert, versteht schnell, warum eine Haftungsbegrenzung auch von Investorenseite vehement gefordert wird.

Von den Konzernen könnte im Gegenzug verlangt werden, den Fonds mit Cash auszustatten und nicht mit irgendwelchen Beteiligungen und unter Verweis auf laufende Atomklagen. Es geht hier um einen zweistelligen Milliardenbetrag, den die Versorger erst einmal aufbringen müssten. Der saubere Schnitt beim Atomausstieg könnte für sie noch zu einem gewaltigen finanziellen Kraftakt werden.

Quelle: Börsen-Zeitung

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