Siemens-Aufsichtsratschef verteidigt Stellenabbau

Die Siemens-Führung bekommt nach der viel kritisierten Ankündigung, in den Kraftwerks- und Antriebssparten 6.900 Arbeitsplätze zu streichen, Rückendeckung von ihrem Aufsichtsratschef: „Die Nachfrage in der fossilen Energieerzeugung ist drastisch eingebrochen, und der Markt wird sich auch nicht wieder erholen“, sagte Gerhard Cromme dem „Handelsblatt“. „Wir können keine Turbinen bauen, die wir dann auf dem Werksgelände vergraben müssen, weil sie niemand haben will.“ Wenn man ohne gegenzusteuern einfach so weitermache, bedrohe man den Rest des Konzerns.

Der geplante Stellenabbau hat in der Politik für Empörung gesorgt. SPD-Chef Martin Schulz hatte das Vorgehen als „asozial“ und „verantwortungslos“ bezeichnet, woraufhin Siemens-CEO Joe Kaeser die Kritik in einem offenen Brief scharf zurückwies. Nun kontert auch Cromme: Er erlebe generell „sehr viel Heuchelei“ in der politischen Debatte. Die deutsche Energiewende zum Beispiel sei „einst von allen Parteien begrüßt worden“, so Cromme. „Und auch wenn ich sie selbst im Grundsatz für richtig halte, glaube ich dennoch, dass man sie deutlich besser und billiger hätte gestalten können – und müssen.“ Auch warnt der Siemens-Aufsichtsratschef, der den Vorsitz im Kontrollgremium Anfang 2018 an Jim Hagemann Snabe übergeben wird, vor Stillstand angesichts des derzeitigen Wirtschaftsaufschwungs: „Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir in Europa auf einer Art Titanic unterwegs sind. Das Orchester spielt noch, und wir haben noch gar nicht kapiert, was wirklich los ist. Eines Tages wachen wir auf und stellen fest: Wir sind abgesoffen.“ Crommes Fazit: „Uns geht’s schlicht zu gut. Wir müssen aufpassen, dass der Boom, den wir gerade in Europa erleben, nicht die letzten wärmenden Strahlen einer untergehenden Abendsonne sind.“

Foto: Siemens, über dts Nachrichtenagentur

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