Mindestens 233 Unternehmen sind in den vergangenen sieben Jahren ins Ausland ausgewandert und haben dort bereits mehr als 1.000 Arbeitsplätze geschaffen. Dies geht aus den Ergebnissen einer Studie von “New Venture Scouting” hervor, die von der Jungen Wirtschaft (JW) im Frühjahr 2014 in Auftrag gegeben wurde, um zu eruieren, wie hoch der Faktor “Brain Drain”, also das Auswandern Hochqualifizierter, wirklich ist. “Die aktuellen Studienergebnisse sind alarmierend und bestätigen ganz klar, dass wir dringend bessere Rahmenbedingungen für Jungunternehmer und Start-Ups brauchen. Dieses enorme Potential für Wachstum, Innovation und Beschäftigung brach liegen zu lassen bzw. die Entrepreneure ins Ausland zu vertreiben, grenzt in der aktuellen wirtschaftlichen Situation an Fahrlässigkeit. Es darf uns kein Unternehmertalent verloren gehen”, kommentiert Herbert Rohrmair-Lewis, Bundesvorsitzender der Jungen Wirtschaft (JW) die Studienergebnisse. Immerhin schaffe ein neugegründetes Unternehmen bereits im ersten Betriebsjahr durchschnittlich 2,4 Arbeitsplätze in Österreich. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der negativen Entwicklungen am Arbeitsmarkt, braucht es ein grundsätzliches Umdenken in Richtung Unternehmertum, zeigt sich der Bundesvorsitzende der heimischen Jungunternehmer überzeugt.
Konkrete Abwanderungsgründe der befragten Unternehmer , sind neben der Marktnähe vor allem fehlende Finanzierungmöglichkeiten sowie rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen. “Dies beweist einmal mehr, dass die Politik vor allem in Sachen alternative Finanzierungsformen, Bürokratieabbau und der Entlastung des Faktors Arbeit gefordert ist”, unterstreicht Rohrmair-Lewis die Kernforderungen der Jungen Wirtschaft.
Auch für Studienautor Werner Wutscher ist “Brain Drain” ein ernsthaftes Standortthema: “Es geht nicht darum die Unternehmer in Österreich ‘einzusperren’. Ziel für den österreichischen Wirtschaftsstandort muss sein, so attraktiv zu werden, dass viele Unternehmer hier gründen oder ihr Unternehmen nach Österreich verlagern, d.h. auf bestehende Kompetenzen (Cluster oder Siences Centers) aufbauen und eine klare thematische Schwerpunktsetzung in der Gründungsberatung zur Entwicklung einer Standortidentität. Darüber hinaus ist ein aktiver Austausch mit den Gründer-Hubs im Ausland wichtig.”
Abwanderung betrifft vor allem wissensbasierte Dienstleistungen
Betroffen von der Abwanderung sind vor allem wissensbasierte Dienstleistungen, etwa aus den Bereichen IT/Internet, Beratung, Finanzdienstleistungen oder Kreativwirtschaft (insgesamt sind rund 80 Prozent der teilnehmenden Entrepreneure dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen, wobei 77 Prozent davon wissensbasierte Dienstleistungen sind.) Die Hälfte der identifizierten Unternehmen wandert in Länder innerhalb Europas ab, 25 Prozent zieht es nach Asien und 13 Prozent geben als Zielregion Nordamerika an.
Rohrmair-Lewis: Faktor Arbeit entlasten und Bürokratie eindämmen
Um Firmen im Inland zu halten oder vielleicht sogar welche anzulocken, müssten Jungunternehmer dringend entlastet werden, fordert Rohrmair-Lewis: “Mit derartig hohen Lohnnebenkosten, fehlenden Anreizen und einer ständig weiter ausufernden Bürokratie ist es nachvollziehbar, dass Unternehmen sich Alternativen überlegen. Die von uns geforderte Abschaffung der Lohnnebenkosten für den ersten Mitarbeiter im ersten Jahr und eine drastische Vereinfachung der Lohnverrechnung, würden dem gezielt entgegenwirken und insbesondere jungen Unternehmen ermöglichen, neue Jobs zu schaffen.” Zudem fordert die Junge Wirtschaft den Abbau bürokratischer Hindernisse wie zum Beispiel die Vereinfachung der Lohnverrechnung, die Abschaffung der Pflichtveröffentlichung in der Wiener Zeitung sowie der Notariatspflicht.
Endlich bessere Rahmenbedingungen für alternative Finanzierungsformen
Ein weiterer wesentlicher Abwanderungsgrund sind, so Studienautor Wutscher, die fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten. Vor allem im IT/Internet-Bereich sei der Kapitalbedarf groß, weil es nach der Startphase rasch in die Breite gehen soll. “Wir wissen, dass viele Jungunternehmer sich einen einfacheren und besseren Zugang zu alternativen Finanzierungsformen wünschen”, bestätigt Rohrmair-Lewis. Umso ärgerlicher sei die Verzögerung beim neuen Gesetzesrahmen für Crowdfunding und Co., den die Bundesregierung bereits für März versprochen hatte. “Um Junge im Inland zu halten und den Anschluss an die internationale Entwicklung nicht zu verlieren, führt kein Weg an attraktiveren Rahmenbedingungen für Crowdfunding vorbei”, zeigt sich der JW-Bundesvorsitzende überzeugt.
Quelle: ots