Studie: Europäer kaufen verstärkt Waffen in den USA

Von den in Europa wieder steigenden Verteidigungsausgaben profitieren vor allem US-Konzerne. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Beratungsgesellschaft Alix Partners, über welche die „Welt am Sonntag“ berichtet. „Die Europäer kauften in der Tendenz mehr im außereuropäischen Ausland ein als bei ihren eigenen Partnerländern“, sagte Alix-Partners-Rüstungsexperte Stefan Ohl.

In den Jahren 2014 bis 2018 stieg dieser Anteil auf 58 Prozent. „Entweder sind die europäischen Produkte zu teuer – oder aber dies ist ein Zeichen für ein mangelndes Vertrauen in die eigene Rüstungsindustrie“, sagte der Experte. Weltweit dominieren US-Rüstungskonzerne mit inzwischen 36 Prozent Anteil die Gesamtbranche. Die Verteidigungsbudgets der europäischen Länder ohne Russland beliefen sich 2018 auf rund 256 Milliarden Euro, ein Plus von 2,6 Prozent zum Vorjahr. Regierungen in Osteuropa erhöhten ihre Ausgaben teilweise zweistellig. Deutschland gehört mit einem Budget von 38,5 Milliarden Euro neben Großbritannien und Frankreich aktuell zu den zehn Ländern mit den größten Militärhaushalten weltweit. Erstmals haben im vergangenen Jahr sieben der 26 europäischen NATO-Staaten rund zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgegeben, also die angestrebte Zielmarke in dem Verteidigungsbündnis erreicht. 2017 waren es erst drei Staaten. Damit die europäischen Rüstungskonzerne in Zukunft wieder Marktanteile zurückgewinnen, müssten die Anbieter ihre Kosten senken, heißt es bei Alix Partners. Oberste Priorität habe ein klares Anforderungsmanagement, welches mehr auf Machbarkeit und Exportfähigkeit ausgerichtet sei, sagte Ohl. Damit meint er: Die Konzerne sollten sich weniger an Spezialwünschen einzelner Länder abarbeiten. Als Paradebeispiel sieht er den Militärtransporter A400M, der konzipiert wurde wie ein „multifunktionales Schweizer Armeemesser mit Zeitreisefunktion“. Auch eine Konsolidierung, also Fusionen und Übernahmen, könnte Europas Rüstungsindustrie stärken, so Alix Partners. Wie notwendig es ist, dass die europäische Rüstungsindustrie zusammenrückt, zeigt sich für die Berater an wenigen Zahlen. In Europa gebe es bei den Landstreitkräften 37 unterschiedliche Kampf- und Schützenpanzermodelle, in den USA nur drei. Bei der Marine nutzen die Europäer 29 verschiedene Zerstörer- und Fregattenmodelle, die Amerikaner vier. Ähnlich fällt der Unterschied bei den Luftwaffensystemen aus: In Europa gebe es 20 unterschiedliche Kampfflugzeugmodelle, in den USA sechs. „Europa muss die Anzahl seiner Waffensysteme verringern. Andernfalls ist das in Zukunft nicht mehr finanzierbar“, forderte Ohl.

Foto: Euro- und Dollarscheine, über dts Nachrichtenagentur

 

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