Kokskohle

Studie wirft Stahlkonzernen Menschenrechtsverletzungen vor

Die Kokskohlelieferanten von Europas größten Stahlherstellern ThyssenKrupp, ArcelorMittal und Tata Steel Europe verletzen Menschenrechte in Mosambik. Das geht aus einer gemeinsamen Studie von Christlicher Initiative Romero (CIR) und Danwatch hervor.

ThyssenKrupp bezieht den für die konventionelle Stahlherstellung notwendigen Rohstoff nach eigenen Angaben aus der Chipanga-Mine in Mosambik. Für deren Bau hat die Bergbaufirma Vale mit der mosambikanischen Regierung über tausend Familien in abgeschiedene Gebiete umgesiedelt. Der Landwirt und vierfache Familienvater Delvino Xadreque berichtet: „Einmal hier angekommen mussten wir feststellen, dass es nicht genug Wasser gab.“ Arbeitsplätze und die Versorgung mit Lebensmitteln sind laut Danwatch-Studie „Broken Promises“ ebenfalls knapp.

An Hauptversammlung konfrontiert

„Wir haben ThyssenKrupp auf der Hauptversammlung mit den Menschenrechtsverletzungen in Mosambik konfrontiert“, sagt Anna Backmann. ThyssenKrupps Vorstandsvorsitzender Heinrich Hiesinger sagte, dem Unternehmen lägen „keine Erkenntnisse vor, dass bei Kohlelieferungen, die im Zusammenhang mit Bezügen aus Mosambik stehen, ökologische oder soziale Standards nicht eingehalten werden.“ Anna Backmann, Referentin der internationalen Kampagne Stop Mad Mining, findet diese Aussage grotesk: „Danwatch hat ThyssenKrupp bereits am 13. August über die Zustände informiert, ohne eine Reaktion zu erhalten.“

ThyssenKrupp bewertet seinen Zulieferer Vale dennoch als positiv. Dabei wurden im Auftrag von Vale über tausend Familien zwangsumgesiedelt – ohne langfristig faire Entschädigung. Laut Hiesinger erwarte ThyssenKrupp von seinen Lieferanten, „dass sie unsere Prinzipien, den Supplier Code of Conduct, geltende nationale Rechte, und vor allen Dingen auch die Prinzipien des United Nations Global Compact entsprechen“. Dem widerspricht Anna Backmann: „Zwangsumsiedlungen wie im Fall von Vale sind gegen die Prinzipien des von Hiesinger genannten United Nations Global Compact.“

ThyssenKrupp hat nach eigenen Angaben direkte Lieferverträge mit den Bergbaufirmen vor Ort. „Danwatch konnte die Missstände in kürzester Zeit aufdecken. ThyssenKrupp will trotz enger Beziehung zu seinen Lieferanten nichts von den Menschenrechtsverletzungen gewusst haben. Das zeigt doch: Solche Verhaltenskodizes sind ohne Maßnahmen zur Umsetzung und Kontrolle wertlos“, konstatiert Backmann. Nachhaltigkeitsaudits in Absprache mit den Lieferanten und Selbstauskünfte durch die Lieferanten sind unzureichend. „Anders kann ich mir die positive Bewertung Vales nicht erklären“, so Backmann.

Backmann fordert auch im Namen der Christlichen Initiative Romero: „ThyssenKrupp muss seinen Sorgfaltspflichten gerecht werden! Dafür gibt es entsprechend konkrete und gut ausgearbeitete internationale Richtlinien von der OECD und den Vereinten Nationen.“

ArcelorMittal und Tata Steel Europe, zwei weitere Top-Ten-Unternehmen der europäischen Stahlindustrie, können über ihre Lieferketten ebenfalls mit den Umsiedlungen in Mosambik in Verbindung gebracht werden.

Hintergrund zur Kokskohle

2014 wurden über 200.000 Tonnen Kokskohle im Wert von rund 20,7 Millionen Euro für die deutsche Stahlproduktion aus Mosambik eingeführt.

Die Studie „Diebstahl – Unter der blanken Oberfläche: Wie die Stahlindustrie sich aus der Verantwortung stiehlt“ entstand im Rahmen der internationalen Kampagne Stop Mad Mining auf Grundlage der Danwatch-Recherchen „Broken Promises: Environmental and Human Rights Impacts Behind EU Import of African Raw Materials“, für die die dänische Organisation im Auftrag der CIR zahlreiche Interviews mit Umgesiedelten in Mosambik führte.

Foto: © obs/Christliche Initiative Romero/Jesper Kirkbak/Danwatch

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