Türkei verstärkt Suche nach Regimegegnern in Deutschland

Die Türkei dringt verstärkt darauf, dass deutsche Sicherheitsbehörden hierzulande Regimekritiker wie zum Beispiel Anhänger der Gülen-Bewegung verfolgen. Zu diesem Zweck übermittelten türkische Behörden zuletzt weitere Listen mit entsprechenden Angaben. „Dem Bundesinnenministerium ist insgesamt eine mittlere einstellige Anzahl solcher `Listen` beziehungsweise Zusammenstellungen von Unterlagen zu Personen und Organisationen (Firmen) bekannt“, sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) der „Welt“, wie die Zeitung in ihrer Dienstagausgabe berichtet.

Wie die Zeitung aus Sicherheitskreisen erfahren haben will, erreichte eine solche Zusammenstellung die Bundesregierung zuletzt Ende April. Nach der Durchsicht wurden die betroffenen Bundesländer informiert. Dem Landeskriminalamt Berlin beispielsweise liegt seit dem 16. Juni eine rund 40-seitige Auflistung mit 72 Namen vor. Aus dem Bundesinnenministerium verlautete es zum generellen Umgang mit den Listen: Es werde versucht, die darin genannten Personen zu lokalisieren, um sie durch die Landeskriminalämter zu sensibilisieren. „Repressive Maßnahmen wurden in keinem Fall ergriffen“, hieß es. Grundsätzlich erklärte ein Sprecher des Innenministeriums: Derartige Informationen würden „immer unter drei Gesichtspunkten geprüft: Ergibt sich daraus ein Spionagevorwurf gegen die Türkei, sind die Vorwürfe der türkischen Seite gerechtfertigt oder ergibt sich eine potentielle Gefährdung der gelisteten Personen“. Nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 startete die Regierung immer wieder Säuberungs- und Verhaftungswellen. Das Regime von Staatschef Recep Tayyip Erdogan macht den Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Anfang des Jahres erhielt die deutsche Seite bereits zwei Listen mit Namen angeblicher Terroristen, die zur Gülen-Bewegung zählen oder als Anhänger der kurdischen Terrororganisation PKK gelten. Dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienst (BND) Bruno Kahl wurde eine entsprechende Zusammenstellung beispielsweise am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar vom türkischen Geheimdienstchef übergeben. Darauf befanden sich rund 300 Namen in Deutschland lebender angeblicher Gülen-Anhänger und mehr als 200 Vereine, Schulen und Unternehmen.

Foto: Botschaft der Türkei in Deutschland, über dts Nachrichtenagentur

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