Am 28. April 2025 wählen die Kanadier ein neues Parlament, und was lange Zeit nach einem klaren Sieg für die Konservativen aussah, hat sich in den letzten Wochen dramatisch gewendert. Der Grund dafür liegt überraschenderweise südlich der Grenze: US-Präsident Donald Trump und seine aggressive Politik gegenüber Kanada haben die Wahlprognosen auf den Kopf gestellt.
Unerwartete Wendung im Wahlkampf
Noch vor wenigen Monaten schien der Sieg der Konservativen unter Führung von Pierre Poilievre so gut wie sicher. Nach dem Rücktritt des langjährigen liberalen Premierministers Justin Trudeau und der Übernahme der Liberalen Partei durch Mark Carney deuteten alle Umfragen auf einen Machtwechsel hin. Doch dann kam Donald Trump ins Spiel.
Der Trump-Effekt
Trumps erneute Präsidentschaft und seine aggressive Rhetorik gegenüber Kanada haben die politische Landschaft des Landes grundlegend verändert. Seine Drohungen mit neuen Zöllen und territoriale Anspielungen haben bei vielen Kanadiern Ängste geweckt und das Bedürfnis nach einer starken, erfahrenen Führung in internationalen Wirtschaftsfragen verstärkt.
Am 1. Februar 2025 erließ Trump Exekutivverordnungen, die neue Zölle von 25% auf Importe aus Kanada vorsahen. Diese Maßnahme, die von vielen als wirtschaftlicher Angriff auf Kanada gesehen wurde, löste eine Welle kanadischen Nationalstolzes aus und führte zu einer abrupten Verschiebung der Wählerpräferenzen zugunsten der Liberalen.
Carney vs. Poilievre: Ein Duell der Gegensätze
Der liberale Spitzenkandidat Mark Carney, ein angesehener Wirtschaftsexperte und ehemaliger Gouverneur der Bank of England, konnte von dieser Situation profitieren. Seine Erfahrung in internationalen Finanzfragen und sein besonnenes Auftreten wurden plötzlich als wichtige Qualitäten in einer Zeit erhöhter wirtschaftlicher Unsicherheit wahrgenommen.
Im Gegensatz dazu geriet der konservative Kandidat Pierre Poilievre in die Defensive. Seine anfängliche Zurückhaltung bei der Kritik an Trumps Politik wurde von vielen Wählern als Schwäche ausgelegt.
Aktuelle Umfragen und Prognosen
Die jüngsten Umfragen zeigen einen deutlichen Umschwung zugunsten der Liberalen. Laut einer aktuellen Erhebung liegt die Liberale Partei Kanadas (LPC) mit etwa 43 Prozent der Stimmen vorn. Dieser Vorsprung hat sich in den letzten Wochen kontinuierlich vergrößert, was auf den anhaltenden „Trump-Effekt“ zurückgeführt wird.
Internationale Reaktionen
Die Entwicklung in Kanada wird auch international mit großem Interesse verfolgt. Viele sehen die Wahl als Referendum über die Beziehungen zu den USA unter Trump. Die Europäische Union hat bereits signalisiert, dass sie eine Stärkung der transatlantischen Beziehungen im Falle eines liberalen Wahlsiegs begrüßen würde.
Ausblick auf den Wahltag
Während die Umfragen einen klaren Trend zugunsten der Liberalen zeigen, warnen Experten davor, den Ausgang der Wahl als gesichert zu betrachten. Die Wähler in Schlüsselregionen wie Brampton, einem Vorort von Toronto, könnten am Ende den Ausschlag geben.
Die Wahlbeteiligung wird voraussichtlich hoch sein, da viele Kanadier die Bedeutung dieser Wahl für die zukünftige Ausrichtung ihres Landes erkannt haben. Die Wahllokale schließen um 21 Uhr Ortszeit, und erste Ergebnisse werden in der Nacht erwartet.
Die kanadische Parlamentswahl 2025 hat sich zu einem Wendepunkt in der Geschichte des Landes entwickelt. Was als routinemäßiger Machtwechsel begann, hat sich durch den Einfluss der US-Politik unter Trump zu einer Richtungsentscheidung über Kanadas Platz in der Welt gewandelt. Unabhängig vom Ausgang wird diese Wahl zweifellos noch lange in Erinnerung bleiben und könnte weitreichende Folgen für die nordamerikanische Politik haben.
