Staatsanwaltschaft und Polizei in Nordrhein-Westfalen haben in dieser Woche eine großangelegte Razzia in fünf Städten durchgeführt, um einen Fall von systematischem Sozialleistungsbetrug aufzudecken. An der Aktion waren auch Vertreter des Bauministeriums, darunter Bauministerin Ina Scharrenbach, beteiligt.
Der Verdacht: Kriminelle Banden haben Südosteuropäer unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und sie hier ausgebeutet. Die Betroffenen wurden offenbar gezwungen, Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Kindergeld zu beantragen, ohne dafür berechtigt zu sein. Die unrechtmäßig bezogenen Gelder wurden dann von den Drahtziehern abgeschöpft.
„Dies ist leider kein Einzelfall“, erklärte Scharrenbach. „Wir sehen immer wieder, wie skrupellose Banden gezielt Menschen aus ärmeren Regionen anwerben und ausbeuten. Das ist nicht nur ein finanzieller Schaden für den Staat, sondern vor allem ein schwerwiegender Eingriff in die Menschenrechte und die Würde der Betroffenen.“
Umfangreiche Ermittlungen
Die Ermittlungen zu dem aktuellen Fall begannen bereits vor mehreren Monaten. Nach Informationen der Behörden hatten die Verdächtigen ein ausgeklügeltes System entwickelt, um die Sozialsysteme zu missbrauchen.
„Die Banden haben die Betroffenen teilweise über Monate hinweg unter Kontrolle gehalten“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Sie wurden nicht nur zur Antragstellung auf Sozialleistungen gezwungen, sondern auch an bestimmte Wohnungen und Arbeitsplätze gebunden. So konnten die kriminellen Strukturen über lange Zeit aufrechterhalten werden.“
Bei den Razzien, die zeitgleich in Dortmund, Duisburg, Essen, Bochum und Gelsenkirchen stattfanden, wurden zahlreiche Beweise sichergestellt. Neben umfangreichem Aktenmaterial fanden die Ermittler auch größere Bargeldsummen, teure Autos und Schmuck.
„Das deutet darauf hin, dass die Banden erhebliche Gewinne mit diesem Betrug gemacht haben“, so der Staatsanwalt weiter. „Wir gehen davon aus, dass es sich um einen bundesweiten, organisierten Kriminalitätskomplex handelt, der möglicherweise auch in anderen Regionen aktiv war.“
Konsequenzen für die Betroffenen
Für die Südosteuropäer, die in den Sozialbetrug verwickelt waren, hat die Razzia schwerwiegende Folgen. Viele von ihnen drohen nun, ihre Aufenthaltserlaubnis zu verlieren und abgeschoben zu werden.
„Die Betroffenen wurden in einer sehr schwierigen Lage ausgebeutet“, betonte Ministerin Scharrenbach. „Trotzdem müssen wir die Gesetze anwenden. Wer unrechtmäßig Sozialleistungen bezogen hat, muss mit Konsequenzen rechnen.“
Die Behörden kündigten an, dass neben strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Drahtzieher auch Verfahren zur Rückforderung der unrechtmäßig ausgezahlten Gelder eingeleitet werden. Für die ausgebeuteten Personen soll zudem Unterstützung bei der Rückkehr in ihre Heimatländer angeboten werden.
Prävention und Aufklärung
Um solche Fälle von Sozialleistungsbetrug in Zukunft zu verhindern, fordern Experten ein Umdenken in der Sozialpolitik. „Wir müssen die Kontrollmechanismen verschärfen und gezielter nach Unregelmäßigkeiten suchen“, sagte der Leiter einer Sozialberatungsstelle.
Gleichzeitig sei es wichtig, die Öffentlichkeit stärker für das Thema zu sensibilisieren. „Viele Menschen wissen gar nicht, wie perfide diese kriminellen Strukturen aufgebaut sind“, so der Experte. „Wir müssen die Bevölkerung aufklären und Wege aufzeigen, wie man solche Fälle melden kann.“
Auch Ministerin Scharrenbach betonte die Notwendigkeit, präventiv tätig zu werden: „Wir müssen die Ursachen angehen und die Rekrutierung von Opfern durch Banden erschweren. Dafür braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen Behörden, Sozialverbänden und der Zivilgesellschaft.“
Nur so könne man langfristig verhindern, dass immer mehr Menschen Opfer solcher Ausbeutungsstrukturen werden, so die Ministerin abschließend.
