Wirtschaftsnobelpreis für Wohlstandsforscher – Video

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Die Frage, warum manche Länder arm und andere reich sind, ist eine der zentralen Herausforderungen in der Wirtschaftsforschung. Für ihre bahnbrechenden Arbeiten zu diesem Thema wurden die Ökonomen Daron Acemoglu, Simon Johnson und James Robinson nun mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet.

Die preisgekrönten Forschungsarbeiten

Acemoglu, Johnson und Robinson haben in ihren Studien untersucht, welche Faktoren darüber entscheiden, ob ein Land über Jahrzehnte hinweg wirtschaftlichen Erfolg hat oder in der Armut verharrt. Ihre Erkenntnisse stellen gängige Theorien infrage und zeigen, dass nicht allein geografische oder kulturelle Aspekte für den Wohlstand eines Landes verantwortlich sind.

Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen die politischen und gesellschaftlichen Institutionen eines Landes. So konnten die Ökonomen nachweisen, dass Länder, in denen die Macht breit gestreut ist und Bürger Mitspracherechte haben, tendenziell wohlhabender sind als solche mit autoritären Regimen. Entscheidend sei demnach, dass Institutionen so ausgestaltet sind, dass sie Innovationen, Investitionen und den Wettbewerb fördern – und nicht etwa die Interessen einer kleinen Elite bedienen.

Die historische Perspektive

Um diese These zu belegen, haben Acemoglu, Johnson und Robinson den Blick weit in die Vergangenheit gerichtet. Sie untersuchten, wie sich die Kolonialherrschaft verschiedener europäischer Mächte auf die spätere Entwicklung der Kolonien ausgewirkt hat. Dabei zeigte sich, dass Länder, in denen die Kolonialmächte eher ausbeuterische Institutionen errichteten, auch nach der Unabhängigkeit deutlich schlechter dastanden als jene, in denen eine vergleichsweise offene, wettbewerbsorientierte Ordnung geschaffen wurde.

Als Paradebeispiel für diese Dynamik gelten Nordamerika und Lateinamerika. Während die USA und Kanada nach der Unabhängigkeit eine Demokratie mit starken Bürgerrechten aufbauen konnten, installierten die spanischen und portugiesischen Kolonialherren in Lateinamerika ein System der Ausbeutung, das bis heute nachwirkt. Ähnliche Muster lassen sich auch in anderen Regionen beobachten, etwa in Westafrika oder Südostasien.

Der Einfluss der Eliten

Laut den Preisträgern ist es entscheidend, wer in einem Land die Macht ausübt und die Institutionen formt. Herrschen die Interessen einer kleinen Elite, die ihren Wohlstand und ihre Privilegien sichern will, entstehen meist Institutionen, die Innovationen und fairen Wettbewerb behindern. Demgegenüber tendieren Länder mit breit gestreuter Macht und starker Beteiligung der Bürger dazu, wachstumsförderliche Institutionen zu etablieren.

Acemoglu, Johnson und Robinson zeigen, dass dieser Mechanismus nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart eine zentrale Rolle spielt. So erklären sie den Aufstieg und Fall von Nationen damit, wie die jeweils herrschenden Eliten mit den Institutionen umgehen. Der Wirtschaftsnobelpreis für ihre Forschung unterstreicht, welche Bedeutung diesen Fragen in der Gegenwart zukommt.

Implikationen für die Wirtschaftspolitik

Die Erkenntnisse der Preisträger haben weitreichende Konsequenzen für die Wirtschaftspolitik. Sie legen nahe, dass Reformen, die darauf abzielen, Institutionen zu stärken und eine breitere Beteiligung der Bürger zu ermöglichen, der Schlüssel zu mehr Wohlstand sein könnten. Dagegen dürften Strategien, die lediglich auf Steuersenkungen, Privatisierungen oder den Abbau von Regulierungen setzen, weniger erfolgversprechend sein, wenn sie nicht von einer tiefgreifenden institutionellen Erneuerung begleitet werden.

Allerdings warnen die Ökonomen auch vor Vereinfachungen. Jedes Land habe seine eigene Geschichte und Dynamik, die bei Reformvorhaben berücksichtigt werden müsse. Zudem sei der Institutionenwandel oft ein langwieriger und konfliktreicher Prozess, bei dem mächtige Eliten erheblichen Widerstand leisten könnten.

Ausblick: Weitere Forschung nötig

Die Arbeiten von Acemoglu, Johnson und Robinson haben das Verständnis dafür geschärft, welche fundamentale Rolle Institutionen für den Wohlstand von Nationen spielen. Gleichzeitig zeigen sie, dass noch viele Fragen offen sind. So ist etwa unklar, wie genau der Aufbau geeigneter Institutionen gelingen kann und welche konkreten Mechanismen dabei eine Rolle spielen.

Auch die Wechselwirkungen zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind noch nicht hinreichend erforscht. Die Preisträger sehen hier großen Bedarf an weiteren Studien, die dazu beitragen können, die Entwicklungspfade von Ländern besser zu verstehen und gezielter zu beeinflussen. Der Wirtschaftsnobelpreis dürfte daher die Forschung zu diesen drängenden Fragen weiter vorantreiben.

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