Der „Süddeutschen Zeitung“ hat eine anonyme Quelle 2,6 Terabyte an Daten überlassen – 11,5 Millionen Dokumente zu insgesamt 214.000 Briefkastenfirmen. In den Unterlagen tauchen dabei die Namen von Milliardären, Politikern, weltbekannten Sportlern, Waffenhändlern, Spionen und Betrügern auf, außerdem von sanktionierten Personen wie dem Cousin von Syriens Präsident Baschar al-Assad. Weil die Menge der Unterlagen so riesig ist und die darin vorkommenden Personen auf so viele Länder weltweit verteilt sind, hat die „Süddeutsche Zeitung“ die Recherche gemeinsam mit dem Internationalen Konsortium für Investigative Journalisten (ICIJ) in Washington organisiert.
An ihr wirkten etwa 400 Journalisten aus fast 80 Ländern mit. In den kommenden Tagen werden etwa 100 Medien unter dem Titel „Panama Papers“ ihre Ergebnisse veröffentlichen, darunter auch der Guardian, die BBC und Le Monde. In Deutschland waren an der Recherche auch NDR und WDR beteiligt. Als erstes wurden Informationen verbreitet, wonach enge Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin in den vergangenen Jahren unter konspirativen Umständen offenbar mehr als zwei Milliarden Dollar durch Briefkastenfirmen geleitet und dabei viel Geld außer Landes geschafft haben. Das ergibt sich aus Daten und Unterlagen einer panamaischen Kanzlei, die mehr als 200.000 Offshore-Firmen gegründet hat, darunter etliche, die offenbar persönlichen Freunden Putins gehören. Zu den Schlüsselfiguren in diesem Fall gehört einer der besten Freunde des russischen Präsidenten, der angeblich im Mittelpunkt eines Netzwerks aus Briefkastenfirmen steht. Den Dokumenten zufolge haben Briefkastenfirmen aus diesem Netzwerk Anteile und Aktienoptionen wichtiger russischer Unternehmen gehalten. Außerdem wurde das Vermögen der Briefkastenfirmen offenbar durch Millionen-Geschäfte gemehrt, bei denen der eigentliche Zweck verschleiert wurde, etwa durch rückdatierte Aktiengeschäfte, Kredite zu außergewöhnlichen Konditionen oder angebliche Beraterhonorare. Der Name von Putin selbst taucht bei den Briefkastenfirmen nicht auf. Eine detaillierte Anfrage, die die SZ vorvergangene Woche wegen der Vorgänge an Putin richtete, ließ der Kreml bis Sonntag unbeantwortet. Der Sprecher Putins sagte jedoch bereits vor einigen Tagen russischen Medien, die geplante Berichterstattung sei eine „Informationsattacke“ auf Russland und seinen Präsidenten.
Das Datenleck in der Größe von 2,6 Terabyte ist zehnmal so groß, wie der Datensatz, der in der so genannten „Offshore-Leaks Affäre“ öffentlich wurde. Er stammt aus der Kanzlei eines der weltweit größten Anbieter von Briefkastenfirmen, der in Panama residierenden Rechtsanwaltskanzlei Mossack & Fonseca. Alleine diese Kanzlei setzte 214.000 Briefkastenfirmen in Steueroasen auf, die den Reichen, aber auch Staatschefs, Politikern und Kriminellen dazu diente, Geld vor dem Fiskus zu verstecken oder Schmiergelder zu bunkern.
Aufgrund der Daten ist es erstmals möglich, die wahren wirtschaftlichen Eigentümer der Briefkastenfirmen zu identifizieren. Die Süddeutsche Zeitung koordinierte gemeinsam mit dem renommierten US-Amerikanischen International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ.org) das globale Rechercheprojekt, an dem mehr als 400 Journalisten von mehr als 80 Medienunternehmen beteiligt waren (darunter Le Monde, Guardian und die BBC).
Die Panama Papers betreffen 12 aktive und ehemalige Staatschefs, darunter jene von Russland, der Ukraine, Syrien, Island und Aserbaidschan, aber auch Sportler, Künstler, Banker, Kunstsammler, Oligarchen und Kleinunternehmer. Auch viele österreichische Persönlichkeiten, Banken, Unternehmer und Firmen sind darin zu finden.
Die Namen sind neu, der Skandal ist es nicht. Dass Panama eine Oase für Steuerbetrüger ist, überrascht niemanden. Der mittelamerikanische Staat gehört zu den üblichen Verdächtigen, genauso wie Luxemburg, die Kanalinsel Jersey, der Stadtstaat Singapur , der US-Bundesstaat Delaware und viele mehr. In diesen Steueroasen lagern Billionen Dollar. Argumente, gegen den Steuerbetrug zu kämpfen, gab es also auch vor den „Panama Papers“ schon genug. Das dem Fiskus vorenthaltene Geld schmälert die Einnahmen der Staaten, zerstört Gesellschaften und verschafft unehrlichen Firmen Wettbewerbsvorteile. Die jetzigen Veröffentlichungen müssen deshalb vor allem Ansporn dafür sein, entschiedener gegen Steuerbetrug vorzugehen als bisher.
Foto: Frachtschiff im Panama-Kanal, über dts Nachrichtenagentur