EU-Reifenlabel untauglich für Kauf von Winterreifen

Das seit knapp einem Jahr verbindliche Reifenlabel sagt zu sicherheitsrelevanten Eigenschaften von Winterreifen wenig aus und taugt nach unserer Auffassung nicht als Orientierungshilfe für deren Kauf. Wichtige Kriterien für eine Winterbereifung, wie Bremseigenschaft und Haftung auf der Fahrbahn bei Eis und Schnee werden durch die optische Kennzeichnung nicht erfasst. Das Kriterium der „Nasshaftung“, das als eines von drei Pflichtmerkmalen des Labels Aufschluss über die Eigenschaft von Kraftfahrzeugreifen geben soll, enthält lediglich Angaben über die Bremseigenschaft eines Reifens auf nassen Straßen. Die Testverfahren hierzu erfolgen zudem bei Temperaturen, für die Winterreifen nicht ausgelegt sind. Winterreifen schneiden bei nahezu allen Kategorien folglich schlechter ab als Sommerreifen. Anhand des Labels kann die Qualität zwischen Winter- und Sommerreifen nicht verglichen werden – für Winterreifen ist daher eine Erweiterung des Labels durch ein Kriterium zur Haftung auf Eis und Schnee notwendig.

Nur drei von 20 Merkmalen

Um die Verbraucherinformation beim Reifenkauf zu verbessern, müssen Händler seit November 2012 gemäß einer Vorgabe der Europäischen Union fundierter über ihre Reifen informieren. Kunden erfahren demnach nicht nur, wie neue Reifen auf der Straße haften, sondern auch wie sie den Treibstoffverbrauch des Autos beeinflussen und mit wie viel Dezibel die Räder rollen. Dazu sind alle Reifen im Handel mit einem Aufkleber oder einem beigelegten Etikett ausgestattet. Dieses Warenkennzeichen offenbart auf einer Skala vom grünen „A“ die beste bis zum roten „G“ die schlechteste Energieeffizienz bzw. Sicherheitseigenschaft. In der Übersicht des Reifenlabels werden jedoch nur drei von über 20 wichtigen Leistungsmerkmalen angezeigt: Rollwiderstand, Geräuschemissionen und Nasshaftung reichen zur Beurteilung eines Reifens längst nicht aus. Das Label gibt zum Beispiel keine Auskünfte zur Fahrstabilität, zur Aquaplaningeigenschaft, zum Verschleiß oder zum Verhalten des Reifens auf trockener Fahrbahn. Insgesamt ist die Aussagekraft des Labels begrenzt, verschafft nur einen ersten Überblick und kann eine ausführliche Beratung nicht ersetzen. Die Kennzeichnung und die Testverfahren des Reifenlabels sollten dringend an die Anforderungen von Winterreifen angepasst werden. Ein Winterreifen, der derzeitig bei der Kategorie Nasshaftung in C eingestuft wird, kann nämlich dennoch ein sehr guter Winterreifen sein.
Eine hilfreiche Orientierung bietet bislang lediglich eine stilisierte Schneeflocke auf der Seitenwand der Reifen. Dieses Symbol darf nur verwendet werden, wenn der Reifen in einem standardisierten Test seine Wintereigenschaft bewiesen hat. Die auch kursierende Kennzeichnung „M+S“ für Matsch und Schnee gibt hingegen nur an, dass Reifen mit einer solchen Aufschrift laut Straßenverkehrsordnung im Winter gefahren werden dürfen. Über deren tatsächliche Tauglichkeit bei Matsch und Schnee sagt die Bezeichnung jedoch nichts aus. Um bei Winterreifen auf Nummer sicher zu gehen, sollten Verbraucher beim Kauf aktuelle Tests der Stiftung Warentest oder von Fachzeitschriften heranziehen und sich ausführlich im Fachhandel beraten lassen.
Foto: C_Hickson

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