Grundsteuerreform: Experten rechnen mit Aufschlägen für Top-Lagen

Bei der bevorstehenden Reform der Grundsteuer sollten Eigenheimbesitzer und Mieter nicht unbedingt mit einer Entlastung rechnen. Stattdessen erwarten die Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dass es für etliche Steuerzahler teurer werden dürfte. „Egal, welches Modell kommt – es wird bei einigen Bürgern zu höherer Belastung, bei anderen zu einer Entlastung führen“, sagte IW-Wohnungsmarktexperte Ralph Henger der „Welt am Sonntag“.

Denn auf irgendeine Art und Weise müsse der Gesetzgeber nun die Vorgabe aus Karlsruhe umsetzen und dabei die Wertentwicklung von Immobilien bei der Besteuerung berücksichtigen. In der vergangenen Woche hatte das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung dazu verpflichtet, das Gesetz zu überarbeiten. Hintergrund ist, dass die Einheitswerte, die der Berechnung der Grundsteuer zugrunde liegen, seit Jahrzehnten nicht mehr neu festgesetzt worden sind. Die Richter bemängelten, dass dies gegen das Gleichheitsprinzip verstoße. Die Bundesregierung muss nun bis Ende nächsten Jahres ein neues Gesetz schreiben, mit Übergangsfrist bis 2024. Das Kölner Institut favorisiert dabei für das künftige Modell ebenso wie der Mieterbund und viele Bürgermeister eine einfache Bodenwertsteuer. Der Vorteil: Die Bodenrichtwerte werden regelmäßig von den Gutachterausschüssen vor Ort ermittelt und liegen schon vor. „Und eine Besteuerung wäre sachgemäß, denn der Bodenwert ist höher, je zentraler ein Grundstück liegt und je höher die Geschossflächenzahl ist. Im Bodenrichtwert ist also auch die wirtschaftliche Verwertbarkeit enthalten“, sagt Henger. Für Hausbesitzer in guten Lagen und teuren Städten dürfte das zum Teil kräftige Aufschläge bedeuten, weil ihre Grundstücke meistens im Wert gestiegen sind. „Diese Wirkung ist meines Erachtens auch richtig“, so der IW-Experte. Wer viel Fläche in zentraler Lage verbrauche, könne auch etwas stärker zur Kasse gebeten werden. Ähnlich beurteilte das auch Stefan Bach, Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW): „Die Simulationen zeigen: Die Bewohner in teuren Lagen mit Einfamilienhäusern werden tendenziell stärker belastet. Aber auch Geschosswohnungen in attraktiven Innenstadtlagen könnten über die hohen Bodenpreise belastet werden, wenn sie nicht so intensiv genutzt werden.“ Anders sehe es in Lagen mit günstigem, verdichtetem Mietwohnungsbau aus, wie beispielsweise dem Märkischen Viertel in Berlin mit seinen rund 17.000 Wohnungen. Dort könnten die Mieter einigermaßen beruhigt sein. Für Eigentümer auf dem Land geben die Experten ebenfalls Entwarnung. „Dort sind die Unterschiede in der Bebauung und der Wertentwicklung nicht so groß wie in urbanen Regionen“, sagt IW-Ökonom Henger. Das klassische Einfamilienhaus in der Kleinstadt werde daher wohl nicht deutlich stärker belastet.

Foto: Klingel an einer Wohnung, über dts Nachrichtenagentur

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