Hofreiter lehnt europaweite Pkw-Maut ab

Berlin – Der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat den Vorschlag des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger zurückgewiesen, eine europaweite Pkw-Maut einzuführen. Sie löse „die aktuellen Probleme der Verschwendung von Mitteln und der fehlerhaften Planung von Verkehrsprojekten genauso wenig wie die Dobrindt-Maut für Ausländer“, sagte Hofreiter der „Welt“ (Dienstagausgabe). „Richtig und schnell umsetzbar wäre jetzt zum Beispiel eine Ausweitung der Lkw-Maut auf bestimmte Bundesstraßen.“

Oettinger hatte eine „einheitliche Straßennutzungsgebühr für den europäischen Binnenmarkt“ vorgeschlagen. „Wir haben längst keine Grenzkontrollen mehr. 28 verschiedene Mautsysteme wären da grotesk“, sagte er im Interview mit der „Welt am Sonntag“ zur Begründung. Der Ertrag solle nicht in den Haushalt der EU fließen, sondern den Mitgliedstaaten zugute kommen. Dieses Konzept finde er besser als die von der Großen Koalition auf Betreiben der CSU geplante Pkw-Maut für Ausländer, machte Oettinger deutlich. Auch EU-Verkehrskommissar Siim Kallas habe „seine Zweifel“ an dem deutschen Modell. Wenn der Gesetzentwurf von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorliege, werde die EU-Kommission prüfen, „ob mit der Regelung eine Diskriminierung verbunden ist“, kündigte der CDU-Politiker an. Die CSU reagierte gereizt. Oettinger solle sich lieber im Osterurlaub erholen, „als den europäischen Oberlehrer zu geben“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der „Welt“. „Wir wollen jetzt eine Umsetzung der Pkw-Maut in Deutschland , um die ausländischen Durchfahrer an unserer deutschen Infrastruktur zu beteiligen, genauso wie wir in Österreich, Italien oder Frankreich zahlen müssen.“ Damit werde eine Gerechtigkeitslücke geschlossen. Jedes Mitglied der EU-Kommission habe die Chance, Probleme zu lösen und selbst gute Projekte anzuschieben, fügte Scheuer hinzu. „Gut bezahlte Situationsbeschreiber und Ratschlaggeber haben wir in Europa genug.“ Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig sprach sich unterdessen dafür aus, dass alle Autofahrer eine Sonderabgabe zahlen sollen. Diese soll ausschließlich in Reparatur und Wartung von Straßen und Infrastruktur fließen. „Am Ende werden wir in irgendeiner Form alle Nutzer heranziehen müssen“, sagte der SPD-Politiker der „Welt“. Bei der Finanzierung müsse den Verkehrsteilnehmern allerdings versichert werden, dass jeder Cent für ein solches Investitionsprogramm auch nur dafür verwendet werde, „die Verkehrswege endlich wieder zu reparieren“, erklärte Albig. „Wir müssen den Bürgern dieses Landes klar sagen, dass wir ein zusätzliches nutzerfinanziertes System für den Erhalt unserer Infrastruktur benötigen.“ Der Ministerpräsident schlug die Schaffung eines Sonderfonds „Reparatur Deutschland“ neben dem Bundeshaushalt vor. „Ich weiß, dass das Zumutungen für die Menschen sind“, sagte Albig. „Aber wir werden künftig den Menschen mutiger erklären müssen: Ihr wollt funktionierende Straßen? Dann müsst ihr auch jenseits von Steuern bereit sein, etwas in einen Reparaturfonds zu geben – solange, bis wir wieder heile Straßen haben.“ Albig erklärte weiter: „Deutschland wird auf Dauer wirtschaftlich keinen Erfolg haben, wenn wir weiter unsere Infrastruktur so verrotten lassen.“ Die im Koalitionsvertrag zusätzlich ausgehandelten fünf Milliarden Euro seien nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“, findet Albig. „Wir brauchen zusätzlich sieben Milliarden Euro – und zwar jedes Jahr.“ Der SPD-Politiker kritisierte zudem die Maut-Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) scharf. Dieser stelle sich der eigentlichen Aufgabe nicht. Eine Pkw-Maut nur für Ausländer sei „kaum EU-Rechts-konform zu gestalten“ und bringe „unter dem Strich auch nicht genug Geld“ für die notwendigen Reparaturen. „Wir werden diejenigen, die unsere Straßen stark belasten, deutlich stärker an den Kosten zur Sanierung unserer Infrastruktur beteiligen müssen“, sagte Albig. „Zum Beispiel über eine Lkw-Maut für alle Lkw und sonstigen Schwerlastfahrzeuge auf allen Straßen.“

Foto: Ausfahrts-Schild an einer Autobahn, über dts Nachrichtenagentur

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