Kirchen nehmen Flüchtlinge auf

Berlin – Angesichts der vollen Flüchtlingsunterkünfte in vielen Teilen der Bundesrepublik bemühen sich vermehrt Kirchen um Notlösungen. Unter anderem im Bistum Würzburg laufen nun nach Informationen der „Welt“ Gespräche mit einer kirchlichen Einrichtung über die Frage, ob man in deren Räumen Flüchtlinge angemessen unterbringen könnte. Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz, hat zudem bereits im Juli einen Brief geschrieben mit der Bitte, die Unterbringung von Flüchtlingen in den Bistümern zu prüfen.

Im Erzbistum München-Freising sind Menschen bereits in einigen leer stehenden Pfarrhäusern untergebracht. Außerdem gibt es in München ein Jugendhaus der Caritas, in dem 50 minderjährige Flüchtlinge wohnen. Sie erhalten dort Sprachkurse und je nach Alter auch eine Berufsausbildung. In der vergangenen Woche erhielten alle Pfarrgemeinden des Bistums München-Freising noch einmal einen Brief des Generalvikars mit der Bitte, zu prüfen, ob es weitere Möglichkeiten zur Unterbringung gebe. Darauf hat es bereits drei positive Rückmeldungen aus Pfarreien gegeben. Vertreter von kirchlicher Seite fordern angesichts der zugespitzten Lage für Flüchtlinge Europa und Deutschland zum Handeln auf. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Diakonie-Katastrophenhilfe und Brot für die Welt, mahnte gegenüber der „Welt“ dringende Reformen in der Flüchtlingspolitik an: „Deutschland darf nicht zu den Bremsklötzen gehören.“ In Europa sei eine grundsätzliche Neuausrichtung nötig. Der Hebel im Kopf sowie die europäische und deutsche Gesetzgebung müssten von Abwehr und Abschottung hin zu einem ausreichenden völkerrechtlichen Rahmen für Migration und faire Asylverfahren umgelegt werden. Füllkrug-Weitzel, die im Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zuständig für Entwicklungspolitik war, fordert zudem die Abschaffung der Dublin-II-Regelung, wonach vor allem Länder an den EU-Außengrenzen mit Asylgesuchen befasst sind. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl, bezeichnete die Forderungen der Kirchen nach mehr Engagement hingegen als „unpassende Belehrungen“. Der CSU-Politiker sagte der „Welt“: „Dann soll die Kirche eben mit gutem Beispiel vorangehen und ihre zahlreichen leer stehenden Pfarreien und Gebäude nutzen, um die Menschen unterzubringen. Die Belehrungen der Kirche sind, solange sie das nicht tun, anmaßend.“ Eine Reform der Flüchtlingspolitik lehnt Uhl ab: „Die Gesetze sind gut, aber Griechenland, Italien und Polen halten sich nicht daran und reichen die Flüchtlinge weiter nach Deutschland.“ Der innenpolitische Sprecher betonte außerdem: Deutschland setze sich vorbildlich für Flüchtlinge ein.

Foto: Katholischer Pfarrer in einer Messe, über dts Nachrichtenagentur

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