Regierungsfraktionen wollen „lokales Roaming“ durchsetzen

Die Regierungsfraktionen von Union und SPD wollen erreichen, dass der Staat Telekom-Unternehmen künftig dazu verpflichten kann, ihre Mobilfunknetze in bestimmten Regionen füreinander zu öffnen. Die stellvertretenden Fraktionschefs von Union und SPD fordern das in einem Brief an Bundesverkehrsminister Scheuer und weitere Minister. Der Brief liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor.

Die Regierungsfraktionen schlagen Alarm: Sie fürchten, dass die neuen Auflagen der Bundesnetzagentur bei der Vergabe von 5G-Lizenzen nicht ausreichen werden, um Funklöcher in Deutschland zu schließen. Die Fraktionsvizes erklären in ihrem Brief, das Netz werde zwar „virtuell“ geschlossen, „der Kunde hat jedoch immer nur einen Vertrag mit einem Netzbetreiber, so dass es aus Sicht des Kunden bei einem Flickenteppich bleibt.“ Die Koalition hat sich beim Thema Digitalisierung viel vorgenommen: Handyempfang überall in Deutschland. „Lückenlos“, so steht es im Koalitionsvertrag. Mit ihrem Brief machen die Fraktionen jetzt Druck auf die zuständigen Minister, den Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen. Union und SPD wollen deshalb das Telekommunikationsgesetz ändern. Der Gesetzgeber solle es der Bundesnetzagentur möglich machen, Telekom, Vodafone und Telefonica (O2) zu zwingen, ihre Netze füreinander zu öffnen. Der Fachbegriff dafür: lokales Roaming. Im Brief heißt es: „In den Ausnahmefällen, wo keine freiwilligen Kooperationen zu erwarten sind, muss die Behörde die Möglichkeit haben, verpflichtend ein lokales Roaming anordnen zu können, um für alle Kunden lückenhaft bzw. gar nicht versorgte Gebiete im Rahmen der auferlegten Versorgungsauflagen zu verhindern.“ Vor allem auf dem Land haben viele Handynutzer aktuell kaum Empfang. Wenn alle aber das eine Netz mitnutzen könnten, das es vor Ort gibt, wäre den Verbrauchern geholfen. Wenn ein Betreiber sein Netz für das Mitnutzen öffnet, würde er dann von den anderen Unternehmen dafür mit Geld entschädigt. In ihrem Brief fordern die Fraktions-Vizes außerdem, dass die Bundesnetzagentur mehr Möglichkeiten bekommt, um Bußgelder zu verhängen, wenn Unternehmen sich nicht an Absprachen halten. Der Bußgeldrahmen solle sich an den Kompetenzen des Bundeskartellamtes orientieren (Bestimmter Anteil des jährlichen Gesamtumsatzes des Unternehmens). Die Regierungsfraktionen wollen auch, dass Telekom und Co. die Pflicht auferlegt kriegen, ihren Kunden zu erklären, wo ihr Netz gut ausgebaut ist und wo nicht – und zwar bevor die Kunden einen Vertrag abschließen. Außerdem fordert der Brief an Verkehrsminister Scheuer, Wirtschaftsminister Altmaier, Finanzminister Scholz und Kanzleramtschef Braun, dass die Bundesnetzagentur und die Fachgremien des Bundestags bis Mitte 2019 ein Gesamtkonzept zum Ausbau des Mobilfunknetzes erarbeiten. Bundesrat und Bundestag sind sowieso gerade dabei, das Telekommunikationsgesetz zu ändern. Die Regierungsfraktionen wollen ihre Änderungsvorschläge dort einbauen und sie damit schnell verabschieden. Laut dem Brief kann das Gesetzgebungsverfahren bis zur Bundesratssitzung im März 2019 abgeschlossen sein. Die Vorschläge könnten damit Gesetz werden, noch bevor die Versteigerung der neuen 5G-Lizenzen beginnt. Im Brief heißt es, damit erhielten die Unternehmen, die an der Versteigerung teilnehmen, bereits frühzeitig Rechts- und Planungssicherheit. Das Funkloch-Problem auf dem Land sollte eigentlich die Bundesnetzagentur lösen – beim Versteigern der schnellen neuen 5G-Lizenzen. Im finalen Entwurf zur Versteigerung wird den Unternehmen aber nur vorgeschrieben, dass sie über mehr Zusammenarbeit verhandeln müssen. Eine Pflicht zum lokalen Roaming gibt es nicht. Im Frühjahr 2019 sollen die Frequenzen fürs 5G-Netz versteigert werden. Damit soll man Daten fast in Echtzeit übertragen können. Vor allem die Wirtschaft findet das wichtig. 5G gilt zum Beispiel als Voraussetzung für selbstfahrende Autos.

Foto: Handy-Sendemasten, über dts Nachrichtenagentur

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