Sebastian Schmid: Kommentar zum Kauf der Nokia-Handy-Sparte durch Microsoft

Nokia Mobiltelefon Frankfurt – CEO Steve Ballmer mag bei Microsoft bereits mit einem Bein aus der Tür sein. Das hält den Konzernchef indes nicht davon ab, strategische Weichen zu stellen, die vergangene Fehler ausbügeln sollen. Erst im Juli hat er einen umfangreichen Plan für den Umbau des Softwarekonzerns zum Geräte- und Diensteanbieter vorgelegt. Nun folgte mit dem Kauf des Mobiltelefongeschäfts von Nokia für 5,4 Mrd. Euro der erste große Schritt zu dessen Umsetzung. Seinem Nachfolger gibt Ballmer damit ein riesiges, defizitäres Handygeschäft zur Restrukturierung an die Hand.

Es erscheint zwar fast böswillig, dass Ballmer dem Konzern noch schnell die Strategie für die nächsten Jahre diktiert. Andererseits blieb ihm kaum eine Wahl. So wie Nokia dringend auf der Suche nach einem Abnehmer für das verlustreiche Mobiltelefongeschäft war, so sucht Microsoft seit Jahren einen Weg, mit der Windows-Phone-Software (WP) globale Relevanz zu Erlangen . Dass die angeschlagenen Finnen nicht mehr viel würden tun können, den WP-Marktanteil von zuletzt 3,7% wesentlich zu steigern, war zunehmend offensichtlich. In Ermangelung anderer engagierter Partner musste Microsoft zugreifen – oder aufgeben.

Mit der Integration von Hardware und Software unter einem Dach ist es indes längst nicht getan. Ein Konzern mit 32000 Mitarbeitern integriert sich nicht im Vorbeigehen. Und auch die bislang laue Nachfrage zieht nicht sofort an, wenn Software und Smartphone wie bei Apple aus einer Hand stammen. Eine Chance bietet Nokias starke Position in Entwicklungsländern. Wenn die Handynutzer dort auf Smartphones umsteigen, sollte Microsoft gegenüber weniger präsenten Rivalen Vorteile haben.

Die Integration soll der zu Microsoft zurückkehrende Nokia-CEO Stephen Elop als Chef der Sparte „Devices and Services“ leiten. Da der Kanadier 2010 von Microsoft zu Nokia gewechselt ist, kennt er beide Konzerne bestens. Sollte Elop allerdings als Nachfolger von Ballmer auserkoren werden, wäre das mehr als verwunderlich. Die Entwicklung Nokias unter Elop ist kein Empfehlungsschreiben. Im letzten Quartal vor seinem Amtsantritt erlöste Nokias Mobiltelefongeschäft 7,2 Mrd. Dollar und warf 750 Mill. Dollar operativen Gewinn ab. Im jüngsten Quartal entstand bei 2,7 Mrd. Dollar Erlös ein Verlust von 473 Mill. Dollar. Es erscheint fast ausgeschlossen, dass Elop Microsoft bei dieser Bilanz zu Erfolgen führt. Es bleibt daher zu hoffen, dass im erbitterten Kampf um den Smartphone-Markt auf die sinnvolle Entscheidung des Nokia-Kaufs nicht gleich ein unnötiger Fehler in der Personalpolitik folgt.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert