Superlative, Kommentar zur Konjunktur von Alexandra Baude

2017 war für Deutschland ein Jahr der konjunkturellen Superlative, auch wenn es am Anfang so gar nicht danach ausgesehen hat. Zu groß schienen vor allem die politischen Risiken und in den Hinterköpfen vieler machte sich ein Gedanke breit: Ein Wirtschaftsaufschwung, der schon so lange währt, muss schließlich einmal zu Ende gehen. Im Jahresverlauf aber haben die Ökonomen sukzessive ihre Prognosen nach oben geschraubt und blicken nun voller Zuversicht auf das kommende Jahr.

Und warum auch nicht: Das Bruttoinlandsprodukt ist so kräftig gewachsen wie zuletzt 2011. Der Jobmarkt boomt, so dass die Arbeitslosenquote auf dem niedrigsten und die Erwerbstätigkeit auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung liegt. Die Reallöhne übersteigen seit Anfang 2014 den Vorjahreswert und sorgen so dafür, dass der private Konsum als stabile Stütze des Wachstums fungiert. Die Exporteure vermelden das vierte Rekordjahr in Folge, da der globale Handel angezogen hat. Auch die Investitionen nehmen an Fahrt auf, wenn auch weniger stark als in vergleichbaren Konjunkturphasen. Gestützt durch das extrem niedrige Zinsniveau und die sprudelnden Steuereinnahmen verzeichnet der Staat das vierte Jahr in Folge einen Rekordüberschuss.

Kurzum: Für eine Verstetigung des Aufschwungs spricht, dass alle relevanten Konjunkturindikatoren nach oben zeigen und die Stimmungsbarometer auf oder nahe Rekordwerten notieren. Freilich ist eine Fortsetzung des Aufschwungs kein Selbstläufer. Denn hoher Beschäftigungsstand, schwungvolle Nachfrage und solide Staatsfinanzen sind allenfalls die halbe Miete. Genauso wichtig ist, dass der Standort zukunftsfähig und attraktiv ist und das regulatorische Umfeld stimmt. Deshalb sind Reformen und gezielte Investitionen dringend nötig, damit es auch in Zukunft mit den Superlativen weitergehen kann.

In diesem Spannungsfeld gilt es nun für die Politiker, die gestern noch eifrig am Sondieren waren, kluge Entscheidungen zu treffen. Natürlich ist es verlockend, auf Kosten des Staatssäckels erst die versprochenen Wahlgeschenke zu realisieren und sich danach angesichts der rundlaufenden Konjunktur entspannt zurückzulehnen – zumal jeder, der für Reformideen wirbt, mit rauem Gegenwind rechnen muss. Ohne Reformen, ohne Investitionen in Bildung und Infrastruktur und ohne eine wettbewerbsfähige Steuerpolitik jedoch droht Deutschland abgehängt zu werden. Als Wirtschaftsstandort ist es bereits heute Mittelmaß, nicht Superlativ.

Quelle: Börsen-Zeitung

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