Viele Eigentümerversammlungen in Corona-Zeiten womöglich nichtig

Die Beschlüsse vieler in Corona-Zeiten durchgeführter Wohnungseigentümerversammlungen könnten nichtig sein. Das Amtsgericht Hannover erklärte den Beschluss einer Eigentümerversammlung vom Juli für nichtig, weil schon mit der Einladung dazu aufgerufen wurde, nicht persönlich zu erscheinen. Sogenannte „Geisterversammlungen“ sind seit Monaten in vielen WEGs verbreitet.

Sollten Eigentümer auftauchen, wäre man zum „sofortigen Abbruch der Veranstaltung gezwungen“, hieß es im konkreten Fall. Stattdessen sollten die Eigentümer dem Hausverwalter Vollmachten erteilen – auch das eine seit Ausbruch der Corona-Pandemie weitverbreitete Praxis. Im konkreten Fall sollte mit dem angefochtenen Beschluss die Hausordnung geändert werden – praktisch ohne Diskussion in der Eigentümerversammlung. Das Gericht urteilte nun, zum Kernbereich des Wohnungseigentums gehöre das Recht der Wohnungseigentümer, an den Eigentümerversammlungen teilzunehmen. Bereits durch die Formulierung im Einladungsschreiben sei den Wohnungseigentümern die Teilnahme aber faktisch verwehrt worden. Wenn alle Eigentümer nur Vollmachten erteilen, könne eine Diskussion nicht stattfinden. Auseinandersetzung und Diskussion seien aber wesentlicher Bestandteil der Willensbildung. Der Beschluss war schon am 7. Januar gefallen, wie erst jetzt bekannt wurde und ist mittlerweile rechtskräftig (AZ 480 C 8302/20). Sollte sich diese Rechtsansicht durchsetzen, könnten viele Beschlüsse in vielen WEGs noch nachträglich angegriffen werden. Im Gegensatz zu „ungültigen“ Beschlüssen gilt für „nichtige“ Beschlüsse auch nicht die Frist von einem Monat nach Beschlussfassung, innerhalb derer sie angefochten werden müssen. (dts Nachrichtenagentur)

Foto: Wohnhaus, über dts Nachrichtenagentur

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