Europäische Union: mehr Macht den Nationen

Flagge der Europäischen UnionBerlin – In der EU gilt der Grundsatz des Vorrangs, was nicht weniger bedeutet, als dass das EU-Recht gewichtiger ist als das nationale Recht der Mitgliedsstaaten. Der Grundsatz des Vorrangs gilt dabei für alle EU-Rechtsakte mit verbindlicher Wirkung. Keine nationale Verordnung, kein nationales Gesetz darf dem EU-Recht widersprechen. Doch die Bevölkerung in den Mitgliedsstaaten vertraut sowohl dem EU-Parlament als auch der EU-Kommission immer weniger. In Deutschland sprechen mehr als zwei Drittel der Bundesbürger der EU ihr Misstrauen aus.

Auch lachhafte Verordnungen und Richtlinien kosten Geld

Viele EU-Verordnungen führten anfangs noch zu einem belustigten Lächeln, in dem jedoch bereits ein Anflug von Misstrauen mitschwang. Wie viel Arbeitszeit von wie vielen Personen zur Erstellung wie vieler Verordnungen notwendig bisher notwendig war, will dabei besser keiner genau wissen. Die Gurkenverordnung wurde peinlichst genau und mühsam ausgearbeitet, inzwischen ist sie wieder aufgehoben. In ihr waren Länge, Durchmesser und Krümmung von Gurken festgelegt wurde. Kein Wunder, dass sich die 0815-Gurke damals in vielen Kabarett-Programmen wiederfand. Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wurden gezwungen, ebenfalls Gesetze für die Sicherheit von Seilbahnen zu erlassen, obwohl es in den Bundesländern keine gibt. In die Erstellung der 52 seitigen, in 8 Kapitel mit bis zu 40 Unterpunkten gegliederte Schnullerkettenverordnung, floss reichlich Arbeitszeit, insgesamt 10 Jahre!, und Geld. Oder sollte sie eine Art Beschäftigungstherapie für EU-Beamte ohne ausreichend Arbeit gewesen sein? Ein Regelwerk für Schnullerketten, durch die bisher so gut wie keine Unfälle verursacht wurden. Aber auch Kondome beschäftigen die EU: Mindestlänge 160 mm und 5 Liter Fassungsvermögen müssen sie aufweisen. Als Österreich seine traditionelle Marillenmarmelade genommen werden sollte, schlugen in Österreich die Wogen hoch. Maßnahmen zunächst oft nur belächelt, werden inzwischen längst als Bevormundung gesehen.

Geber- wie Nehmer-Länder sind unzufrieden

„Die Menschen haben das Gefühl, das sie die Kontrolle verloren haben. Sie werden gezwungen, Dinge zu akzeptieren, die ihnen als alternativlos dargestellt werden“, so der spanische Politwissenschaftler Jose Ignacio Torreblanca. Seine Aussage zielt jedoch nicht nur auf die Verordnungen ab, sondern auf die Maßnahmen zur Bewältigung der Euro-Krise. Er erklärt weiter: „Die Deutschen müssen immer neuen Kreditpaketen zustimmen, die Südeuropäer immer neuen Sparpaketen.“ Die Vorgehensweise sei für ihn eine Aushöhlung der Demokratie, denn in einer Demokratie müsse stets eine Alternative aufgezeigt werden. Das Misstrauen steigt, denn die Europäer fühlen sich gegängelt. Waren es 2012 noch 56 Prozent der Deutschen, die der EU misstrauten, sind es heute mehr als zwei Drittel. In Spanien sprechen sogar beinahe 80 Prozent der EU ihr Misstrauen aus. Wer wagt die Griechen zu fragen? Aber nicht das EU-Parlament und die EU-Kommission verspielt das Vertrauen der Europäer, sondern, wie Umfragen zeigen, auch die Europäische Zentralbank.

Foto: © Gastonmag

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