Pflegebedürftig – wenn Eltern oder Großeltern nicht mehr allein zurechtkommen

Tritt der Fall ein, dass die Eltern oder Großeltern nicht mehr im Alter allein zurechtkommen, dann stellen sich viele Angehörige die Frage, wie es ihnen möglich ist, Hilfe und Unterstützung zu organisieren. Zumeist haben pflegebedürftige Menschen den Wunsch in der vertrauten Umgebung zu bleiben. Eben aus diesem Grund entscheiden sich immer mehr Familien dafür, eine häusliche Betreuung aus dem Ausland einzustellen.

Die Zahl der ausländischen Pflegekräfte steigt

Die Statistik zeigt auf, dass es ohne ausländische Pflegekräfte nicht funktioniert. In der Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion heißt es, dass die Zahl der ausländischen Pflegekräfte sich seit 2013 fast verdoppelt hat. Demnach waren im vergangenen Jahr 128.000 Pflegekräfte aus dem Ausland sozialversicherungspflichtig in der Kranken- und Altenpflege angestellt. Zu dieser Zahl kamen zusätzlich rund 6000 geringfügig Beschäftigte.

Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten betrug im Jahr 2013 bei 74.000 und 5300 geringfügig Beschäftigten. Nach der Statistik stammt rund 50 % der ausländischen Pflegekräfte aus einem anderen europäischen Mitgliedsstaat. Aus den Balkan-Ländern stammen rund 18.000 und rund 7000 der Pflegerinnen und Pfleger stammen aus osteuropäischen Drittstaaten. Weitere 3500 kommen aus den Asylherkunftsländern.

Pflegekraft aus Polen – ein allgemeiner Begriff für die Betreuung

Inzwischen hat sich der Begriff „Pflegekräfte aus Polen“ oder „polnische Pflegekraft“ vor allem für bestimmte Formen der Seniorenbetreuung eingebürgert. In den Haushalten älterer Menschen leben die Frauen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren, um diese pflegerisch und hauswirtschaftlich zu versorgen, betreuen und zu unterhalten. Doch nicht alle Betreuungspersonen stammen aus Polen, sondern ebenso aus Tschechien, Rumänien, Litauen, Lettland oder anderen osteuropäischen Ländern.

Dazu kommt ein weiterer Fakt: Der Begriff „Pflegekraft“ wird häufig missverständlich verwendet. Ältere Menschen haben tatsächlich oft einen Pflegebedarf, da sie sich zum Beispiel nicht mehr allein waschen, anziehen oder zur Toilette gehen können. Oder weil sie sich nicht mehr in der Lage sind, sich allein zu versorgen und Hilfe beim Einkauf und Kochen benötigen. Pflegepersonen leisten die sogenannte Grundpflege, die von Familienangehörigen oder Verwandten ebenfalls oft übernommen wird oder von Pflegehilfskräften und Hauswirtschaftskräften.

Immer mehr Familien greifen auf die osteuropäische Hilfe zu

Von vielen Familien in Deutschland wird die Pflegehilfe aus Osteuropa genutzt, da eine 24/7-Betreuung nicht im Angebot der hier ansässigen Pflegedienste enthalten ist. Wird eine solche Betreuung angeboten, dann nur für Kosten die zwischen 15.000 und 20.000 Euro monatlich liegen – solche Kosten sind nur die wenigsten Familien tragbar.

Mit der Einführung des Mindestlohns, der auf für die Arbeitskräfte aus anderen europäischen Ländern gilt, lag die Bezahlung für eine ausländische Betreuungskraft zwischen 1.600 und 1.900 Euro im Monat. Doch die „Preisspirale“ hat sich nach oben gedreht und mittlerweile kostet ein Einsatz einer osteuropäischen Pflegekraft zum Teil monatlich rund 2.500 Euro, wo von 1.100 Euro bei der Pflegekraft ankommen. Der Durchschnittsverdienst beträgt 1.000 Euro (Umgerechnet) und das ist „einiges“ in Polen, vor allem die Pflegefamilie Unterkunft und Verpflegung stellt. Zum Vergleich: der polnische Mindestlohn beträgt umgerechnet 500 Euro monatlich und liegt damit deutlich niedriger.

Ausländische Betreuung weiter in der rechtlichen Grauzone

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus 2017 hat ergeben, dass rund jeder zehnte Pflegehaushalt eine Hilfskraft aus dem Ausland – zumeist aus Polen – beschäftigt. Somit arbeiten laut der Studie mehr als 200.000 polnische Pflegerinnen und Pfleger in Deutschland. Lothar Knopp, geschäftsführender Direktor des German-Polish Centre for Public Law and environmental Network (GP PLEN), erklärt, dass die deutsche Politik diese Stütze des Gesundheitswesens bisher „völlig ignoriert“. Die GP PLEN, ist eine Wissenschaftseinrichtung die 2009 gemeinsam von den Universitäten Cottbus und Breslau gegründet wurde.

Knopp versucht, mit einer Projektgruppe Licht in den Betreuungsmarkt zu bringen, der sich noch immer in vielen Aspekten in einer rechtlichen Grauzone bewegt. Der Erfolg ist bescheiden: Ihm antworteten von rund 100 angeschriebenen Agenturen nur rund 20, da sich viele nicht gern in die Karten schauen lassen. Aus diesem Grund fordert Knopp, dass die ausländischen endlich aus der rechtlichen Grauzone herausgeholt werden. Seiner Ansicht nach, werden die Preise mit dem steigenden Mindestlohn weiter anziehen und damit bestehe die Gefahr, dass illegale Praktiken zunehmen, wie bspw. Scheinselbstständigkeit oder Schwarzarbeit.

Die Politik soll daher endlich dafür Sorge tragen, dass sich trotz höherer Kosten, die Pflegehaushalte eine ausländische Pflegekraft weiterhin legal leisten können. Eben aus diesem Grund müsse die von Gesundheitsminister Spahn (CDU), die angekündigte Finanzierung von Betreuungsleistungen durch die Pflegekassen außerdem für die Leistungen einer 24/7-Betreuung gelten. Zudem soll der Betrag von 20.000 Euro jährlich, der für Pflegeleistungen steuerlich geltend gemacht werden kann, erhöht werden.

Zwar ist es den Angehörigen möglich, Pflegegeld zu beantragen, das nach dem Pflegegrad gestaffelt ist, doch ist ein ambulanter Pflegedienst notwendig, für medizinische Hilfe, dann ist davon oft nicht mehr viel übrig, laut Knopp. Eben aus diesem Grund müsse die Politik ebenfalls handeln, da die deutsche Pflegelandschaft auf arbeitswillige Kräfte, die aus Polen, Bulgarien oder Rumänien stammen, nicht verzichten könne. Zudem besteht die Gefahr, dass die Pflegerinnen und Pfleger, die aus dem Ausland stammen, stärker ausgebeutet werden, als die einheimischen Kollegen –, vor allem da sie vielleicht nicht immer genau über ihre Rechte informiert sind.

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