Sprachjury: Mit Begriff "Sozialtourismus" wird gezielt Stimmung gemacht

Nach Ansicht der Sprachjury, die alljährlich das „Unwort des Jahres“ ausruft, wird mit dem für das 2013 gekürten Begriff „Sozialtourismus“ gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer gemacht. „Das Grundwort `Tourismus` suggeriert in Verdrehung der offenkundigen Tatsachen eine dem Vergnügen und der Erholung dienende Reisetätigkeit“, heißt es in der Begründung. Das Bestimmungswort „Sozial“ reduziere die damit gemeinte Zuwanderung auf das Ziel, vom deutschen Sozialsystem zu profitieren.
„Dies diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu“, so die Jury in einer am Dienstag an der TU Darmstadt veröffentlichten Erklärung. Der Ausdruck „Sozialtourismus“ reihe sich dabei in ein Netz weiterer aktueller Unwörter ein, die zusammen dazu dienten, eine bestimmte Stimmung zu befördern: „Armutszuwanderung“ werde im Sinne von „Einwanderung in die Sozialsysteme“ ursprünglich diffamierend und nun zunehmend undifferenziert als vermeintlich sachlich-neutraler Ausdruck verwendet. Mit „Freizügigkeitsmissbrauch“ werde denjenigen, die die in der EU jetzt auch für Menschen aus Bulgarien und Rumänien garantierte Freizügigkeit nutzen, ein kriminelles Verhalten unterstellt. Der Ausdruck „Sozialtourismus“ treibe die Unterstellung einer böswilligen Absicht jedoch auf die Spitze, so die Wissenschaftler.

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