Länger arbeiten, langfristig Rente mit 69 – Werding hält das für nötig, um die Rentenkassen aufzubessern. Und er hat noch weitere Vorschläge.
Der Rentenexperte und Wirtschaftswissenschaftler Klaus Werding hat sich hinter den Vorstoß von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gestellt, das Renteneintrittsalter langfristig auf 69 Jahre anzuheben. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ betonte Werding die Notwendigkeit, angesichts der demografischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung, die Rentenkassen nachhaltig zu stabilisieren.
„Ein schmerzhafter, aber notwendiger Schritt“
Werding, der als einer der renommiertesten Rentenexperten Deutschlands gilt, argumentierte, dass die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ein „schmerzhafter, aber notwendiger Schritt“ sei, um das Rentensystem langfristig zu sichern. Die steigende Zahl von Rentnern, die auf eine sinkende Zahl von Beitragszahlern trifft, verschärfe die finanzielle Situation der Rentenversicherung zunehmend.
„Wir müssen uns der Realität stellen, dass wir alle länger leben und somit auch länger arbeiten müssen, um den Lebensstandard im Alter zu sichern“, so Werding. Er wies darauf hin, dass andere europäische Länder bereits ähnliche Schritte unternommen hätten.
Alternative zum Abbau von Rentenleistungen
Die Anhebung des Renteneintrittsalters sei, laut Werding, eine Alternative zum Abbau von Rentenleistungen oder einer Erhöhung der Beiträge. „Beide Optionen wären für die Bevölkerung schwerwiegend“, erklärte er. Eine Erhöhung der Beiträge würde die Arbeitgeber belasten und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft schwächen, während eine Kürzung der Rentenleistungen das Risiko von Altersarmut erhöhen würde.
Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden
Der Vorschlag, das Renteneintrittsalter anzuheben, stößt jedoch auf heftige Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden. Sie argumentieren, dass viele Menschen bereits heute gesundheitlich nicht in der Lage seien, bis zum regulären Renteneintrittsalter zu arbeiten. Eine weitere Verlängerung der Lebensarbeitszeit würde diese Situation verschärfen und zu einer Zunahme von Frühverrentungen führen.
Weitere Vorschläge zur Rentenreform
Werding äußerte sich auch zu weiteren Aspekten der Rentenreform. Er plädierte für eine stärkere Förderung der betrieblichen Altersvorsorge und der privaten Vorsorge. „Wir müssen die Eigenverantwortung der Bürger stärken und ihnen Anreize bieten, zusätzlich für ihr Alter vorzusorgen“, sagte er.
Darüber hinaus sprach sich Werding für eine Flexibilisierung des Renteneintritts aus. „Wir sollten den Menschen mehr Wahlfreiheit geben, wann sie in Rente gehen möchten“, so Werding. Wer länger arbeiten möchte, solle auch die Möglichkeit dazu haben und entsprechend höhere Rentenansprüche erwerben können.
Offene Debatte über die Zukunft der Rente
Die Debatte über die Zukunft der Rente in Deutschland ist damit neu entfacht. Die unterschiedlichen Positionen zeigen, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Die Politik steht vor der Herausforderung, einen tragfähigen Kompromiss zu finden, der die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt und das Rentensystem langfristig stabilisiert.