Der Wohnungsbau in Deutschland befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Laut Ifo-Forscher Klaus Wohlrabe hat sich der Auftragsmangel in diesem Sektor weiter verschärft. „Die Lage im Wohnungsbau ist weiterhin ernst“, so Wohlrabe. Die Gründe für den anhaltenden Auftragsrückgang sind vielfältig.
Herausforderungen auf der Nachfrageseite
Einer der Hauptfaktoren ist die rückläufige Nachfrage nach Neubauprojekten. In den vergangenen Jahren hatten steigende Mieten und Immobilienpreise den Wohnungsbau angekurbelt, da viele Menschen den Wunsch nach den eigenen vier Wänden hatten. Doch mit der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, steigenden Zinsen und Unsicherheiten infolge der Corona-Pandemie und des Ukrainekriegs hat sich die Situation deutlich verändert.
Viele potenzielle Käufer und Mieter halten sich aktuell mit Investitionen zurück. Die hohe Inflation und die gestiegenen Lebenshaltungskosten belasten die privaten Haushalte erheblich, sodass für viele der Traum vom Eigenheim in weite Ferne rückt. Hinzu kommen Unsicherheiten hinsichtlich der weiteren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die Investitionsentscheidungen erschweren.
Probleme auf der Angebotsseite
Doch nicht nur auf der Nachfrageseite gibt es Herausforderungen. Auch auf der Angebotsseite stehen die Unternehmen des Wohnungsbaus vor großen Hürden. Die massiv gestiegenen Baukosten für Materialien und Arbeitskraft machen Neubauprojekte zunehmend unrentabel. Viele Baufirmen mussten daher bereits Aufträge stornieren oder Projekte verschieben.
Hinzu kommen Lieferengpässe bei wichtigen Baumaterialien wie Stahl, Holz oder Dämmstoffen. Die globalen Lieferketten sind nach wie vor gestört, was den Bauablauf erheblich erschwert. Hinzu kommen bürokratische Hürden und lange Genehmigungsverfahren, die Bauvorhaben weiter verzögern.
Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt
Die Folgen des Auftragsmangels im Wohnungsbau sind bereits deutlich spürbar. Der Neubau von Wohnungen kommt nur noch schleppend voran. Im Jahr 2023 wurden voraussichtlich rund 280.000 Wohneinheiten fertiggestellt – deutlich weniger als die jährlich benötigten 400.000 bis 500.000 Einheiten.
Der Mangel an neuen Wohnungen verschärft die ohnehin angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt. In vielen Städten und Ballungsräumen sind bezahlbare Mietwohnungen Mangelware. Die Mieten steigen weiter, was ärmere Haushalte vor große Herausforderungen stellt.
Lösungsansätze gefordert
Angesichts der ernsten Lage im Wohnungsbau fordern Experten entschlossenes politisches Handeln. „Es braucht jetzt dringend Maßnahmen, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln“, betont Ifo-Forscher Wohlrabe.
Vorgeschlagen werden unter anderem eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Neubauvorhaben, eine Ausweitung staatlicher Förderprogramme oder Erleichterungen bei Genehmigungsverfahren. Auch Initiativen zur Stärkung der Bauwirtschaft und zur Erhöhung der Produktionskapazitäten könnten helfen, den Auftragsmangel im Wohnungsbau zu überwinden.
Zukunftsfähige Lösungen gefordert
Darüber hinaus plädieren Experten dafür, den Wohnungsbau grundlegend zu überdenken und zukunftsfähige Konzepte zu entwickeln. Angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und dem Streben nach mehr Nachhaltigkeit müssen neue Wege beschritten werden.
Dazu gehören etwa eine stärkere Fokussierung auf energieeffiziente und klimafreundliche Bauweisen, der Einsatz innovativer Baumaterialien oder die Förderung modularer und vorgefertigter Bauweisen. Auch die Digitalisierung und der verstärkte Einsatz von Technologien wie Building Information Modeling (BIM) könnten den Wohnungsbau effizienter und zukunftsfähiger gestalten.
Letztlich braucht es einen ganzheitlichen Ansatz, der die Herausforderungen des Wohnungsbaus in all ihren Facetten adressiert. Nur so kann es gelingen, die dringend benötigten Wohnungen zu schaffen und den Sektor fit für die Zukunft zu machen.