Bundesstiftung: Aufarbeitung der SED-Diktatur noch nicht vorbei

30 Jahre nach der friedlichen Revolution in der DDR zieht die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur eine kritische Bilanz und warnt davor, die Verhältnisse im SED-Staat schönzureden. „Diktatur bleibt Diktatur – und sie muss auch so genannt werden“, sagte Geschäftsführerin Anna Kaminsky der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Kaminsky machte zugleich deutlich, dass sie die Aufgabe ihrer Stiftung noch lange nicht als erfüllt ansieht.

Vor nunmehr 30 Jahren, Anfang September 1989, begannen die Montagsdemonstrationen in Leipzig, die wesentlich zur friedlichen Revolution und der deutschen Wiedervereinigung beitrugen. Kaminsky sagte, die kommunistische Diktatur in der DDR habe 40 Jahre bestanden, zusammen mit der sowjetischen Besatzungszeit gehe es um 45 Jahre. „Es gab in der DDR über all die Jahre 250.000 politische Gefangene. Viele von ihnen leben noch. Hinzu kommen die Opfer außergerichtlicher Verfolgungen. Und auch wenn man nun sieht, dass die DDR selbst 2019 noch verharmlost wird, dann sage ich: Nein, die Aufarbeitung ist nicht vorbei, und sie sollte auch in 20 oder 30 Jahren nicht vorbei sein.“ Die Wissenschaftlerin begrüßte es, dass die Bundesregierung die Fristen für SED-Opfer aufheben will, sodass diese auch nach dem 31. Dezember 2019 noch Anträge auf Rehabilitierung stellen können: „Dass die Fristen aufgehoben werden, das ist ein guter Schritt. Aber der Entwurf greift immer noch zu kurz. Wir fordern Ausgleichsleistungen auch für Opfer von Zersetzungsmaßnahmen, für Opfer von Zwangsumsiedlungen, für verfolgte Schülerinnen und Schüler, Verbesserungen für ehemalige Heimkinder und für Haftopfer mit einer Haftdauer von weniger als 180 Tagen.“ Mehr Druck verlangte Kaminsky auch mit Blick auf Schulen: Zwar stehe das Thema kommunistische Diktatur auf den Lehrplänen. Doch heiße das nicht, dass es auch unterrichtet werde. Sie forderte deshalb: „Die deutsche Nachkriegsgeschichte mit Teilung und kommunistischer Diktatur muss Teil der regulären Abschlussprüfungen sein, und zwar sowohl nach der zehnten Klasse als auch nach der zwölften oder dreizehnten Klasse. Man kann daran ja auch eindrucksvoll die Unterschiede zwischen Demokratie und Diktatur deutlich machen.“ Vom Thema Diktatur trennen muss man nach Kaminskys Worten einen anderen Aspekt: „Dass man sein Leben in einer Diktatur verbracht hat, heißt ja nicht, dass man ein schlechter Mensch ist oder dass man ein schlechtes Leben hatte. Man muss deutlich machen, dass es einen Unterschied zwischen dem politischen System und dem eigenen Leben gibt.“ An die Adresse ehemaliger DDR-Bürger sagte sie, man könne doch durchaus stolz darauf sein, „was man unter den Bedingungen der Diktatur aus dem Leben gemacht hat, was für die Familie, die Kinder erreicht wurde“. Sie verstehe bis heute nicht so recht, wieso sich offenbar so viele Menschen aus der DDR über das politische System definierten. „Lebensleistungen müssen gewürdigt werden, aber das kann nicht heißen, dass man die Diktatur schönredet.“

Foto: DDR-Verbotsschilder, über dts Nachrichtenagentur

 

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